Dienstag, 6. Mai 2014

Post von Far-Out-gner & In

Während Richard Zietzt im Freitag die offensichtlich bewußt gebremste und verschleiernde Berichterstattung bezüglich des Pogroms von Odessa voller argumentativer Wut als Medien-GAU bezeichnet (Hut ab!) und

der Ex-Attac Aktivist Pedram Shahyar in der taz eloquent seine Gründe darlegt, warum er auf den Berliner Montagsdemos sprechen wird und sich dabei auch von der, in den letzten Jahren leider immer tendenziöseren Fragestellung der taz nicht aus der Ruhe bringen läßt,

unterstellt der Philosoph Srećko Horvat, Co-Autor und Freund Slavoj Žižeks im Freitag der undogmatischen "Occupy-Linken" unter Verwendung eines äußerst unappetitlichen Beispiels aus Lars von Triers "Nymphomaniac" eine geheime Leidenschaft nach "der Macht".

Er befürworte diesbezüglich "eine Art Dialektik zwischen einer linken Partei, den Gremien der jeweiligen Protestbewegung und der breiten Masse von Demonstranten und Aktivisten", ähnlich "wie in Brasilien unter Lula".

Kurz darauf versucht er mithilfe Carl Schmitts und Walter Benjamins den "politischen Romantizismus", die „Anästhetisierung" der Occupisten darzulegen,  "vor lauter Selbstinszenierung" geriete ihnen "allmählich das politische Ziel aus dem Blick".

Am Ende dieses - wie ich finde: enttäuschenden - Interviews sieht Srećko Horvat sich jedoch selbst in der Rolle des "romantischen Optimisten", da er argumentiere, dass der Kapitalismus - das habe er nach vielen Reisen durch die Weltgeschichte festgestellt - ja doch nichts tauge ohne "die europäischen Errungenschaften Wohlfahrtsstaat, Gewerkschaften und Solidarität". 

Und mit denen ist also alles ok, dann taugt er also was? Das ist mir viel zu kurz gedacht. Zum Beispiel hier eine mögliche, formalistisch-dogmatische Analyse:
"(...)Allerdings hat sich etwas im Verhältnis zwischen den Klassen geändert und zwar dahingehend, dass seitens der Bourgoisie in zunehmenden Maße der Klassenkampf verstärkt wird. Und das besonders seit dem Zusammenbruch der stalinistischen Systeme, die immer noch einen Gegenpol zur westlich kapitalistischen Welt dargestellt haben.
Alle sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse, die sie sich insbesondere nach dem WK II erkämpft hat, werden nach und nach abgebaut. Gleichzeitig werden die Löhne und Renten angegriffen. International findet dies außerdem seinen Ausdruck in sich
verstärkendem Imperialismus und wieder aufflammenden Militarismus, was immer öfter in kriegerische Auseinandersetzungen mündet. "

Der Redlichkeit halber ist meine Kritik vielleicht etwas polemisch, denn Horvat wurde in der letzten Frage des Interviews nach der Bedeutung Europas gefragt, und die Relativierung des "europäischen" gegenüber dem Rest-Welt-Kapitalismus ist ja auch legitim (wenn auch ablenkend, s.o.), aber wie er's formuliert hat mir das doch etwas aufgestoßen.

Als musikalischer Kommentar deshalb heute eine schlafwanderisch-pittoreske Endmoränenlandschaft:



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen