Europa hat gewählt und während die Linke in Griechenland deutlich hinzugewann und dort stärkste Partei wurde, stagnierte das Ergebnis der Linken in Deutschland bei mittelmäßigen 7,5%.
Dennoch meine ich hier einige Trends herauszulesen, die mich optimistisch stimmen, dass die Linke gute Chancen hat auf Grundlage einer breitengefächerten und solidarischen Wählerschaft künftig wieder Erfolge zu erzielen.
So ist die Linke zum einen diejenige Partei, die in allen Altersklassen nahezu identische Zustimmung erlangt hat (~8%). Wenn man von der FDP absieht, der dies auf niedrigem Niveau ebenfalls gelang (3%), ist das ein bemerkenswertes Ergebnis.
Erzielte die CDU zum Beispiel 48% der Stimmen der über 70-jährigen und die Grünen dort nur 3%, so wählten lediglich 28% der 18-24-jährigen die CDU, jedoch 19% der Jungwähler die Grünen.
Die Themen der Linken scheinen also so generationsübergreifend zu wirken, dass im Endeffekt weder eine neu aufkommende rechtspopulistische Partei die Substanz durch Abzug allzuvieler Protestwählerln gefährdete, noch dass die jahrelangen Unkenrufer Recht behielten, die behaupteten, die Linke sterbe mit den alten DDR-Nostalgikern aus - im Gegenteil, bei der angeblichen Hauptzielgruppe der über 70-jährigen erzielte sie sogar mit 6% ihr schlechtestes Ergegbnis aller Altergruppen.
Im Bezug auf Wanderungsbewegungen jenseits der Nichtwähler verlor die Linke zwar ca. 100.000 Stimmen an Grüne und AfD, gewann jedoch von CDU, SPD und FDP ebenso viele dazu. De facto hat der mittige Mainstream somit beide Stimmkomplexe für sich verloren (wobei ich die AfD eigentlich doch aufgrund ihrer neoliberalen Ausrichtung dazu zähle).
Geschlechtsspezifisch setzt sich die Wählerschaft der Linken gleichmäßig aus Männern und Frauen zusammen, etwas das den meisten anderen Parteien eher fremd ist. So wählten etwa deutlich mehr Vatis die AfD, während hingegen mehr Muttis der CDU und den Grünen den Vorzug gaben.
Quelle: kamelopedia.net
Meiner Ansicht nach weist eine geschlechtshomogene Wählerschaft auf eine emanzipatorisch erfolgreiche Themensetzung hin, während, wie Schäuble bei Günther Jauch analysierte, für die CDU vor allem die Werbestrategie der Merkelfaceplakatierung funktionierte (die Wählerinnen waren wohl von der so schön gephotoshopten Gesichtshaut angetan?!). Wenn Merkel selbst in Rente sein wird, verschwindet dieser Vorsprung der CDU bei den Frauen höchstwahrscheinlich, was bei den Linken nicht geschehen können wird.
Der hehre Anspruch der Linken, denen eine Stimme zu geben, die von anderen schlecht oder gar nicht repräsentiert werden, scheint rudimentär angenommen worden zu sein, so wählten immerhin 17% der Arbeitslosen die Linke, während 10% der Arbeiter, 8% der Rentner, 8% der Angestellte und ebenfalls 8 % der Selbstständigen (!) für sie stimmten - interessanterweise also ebensosoviele Selbständige, wie aus dieser Berufsgruppe die FDP präferierten - ob dies wohl wagenknecht'schem Sachverstand und ihrem oft publikumswirksamem Einsatz für den Mittelstand in Talkshows zu verdanken ist?
In der Statistik fehlte mir die Angabe wieviele % der Hausfrauen die CDU gewählt haben, wobei die dort wohl nicht zu den Berufstätigen gezählt werden?!
Die PARTEI hat, wie es aussieht, leider den Kampf um einen Sitz knapp verfehlt.ist drin! Es gibt allerdings, indirekt, für andere Kleinstparteien doch noch eine Sperrklausel, da lediglich 96 Abgeordnete nach Brüssel geschickt werden. Nach der 5%- und der 3%- gilt nun also die ca. 0,5%-Hürde.
Eigentlich wollte ich ja dieses dazu passende Musikstück auswählen, aber jenes schien mir ebenfalls, im Hinblick auf die komplizierten Gleichungen der Wahlanalyse, adequat. Viel Spaß!
In meinem letzten Beitrag wies ich schon auf die Rolle der Oligarchen in der Ukraine hin. Die Junge Welt hat die Motive Achemtows, des größten Oligarchen des Landes, bezüglich seines Schwenkes zu den Putschisten nun ein wenig genauer unter die Lupe genommen: der Pate des Donbass.
Ein anderes Thema, das in diesem Blog bereits besprochen wurde und das seit einigen Wochen Fronten quer durch die Linken bilden ließ, war die von einigen als "neu-rechts" diskreditierte Friedensbewegung. Ich war ja der Ansicht, dass man die nicht einfach so abschreiben sollte, denn da sind sicher einige Leute dabei, die eher links denken als rechts. Und einige, deren politisches Bewußtsein sich erst formiert. Mit ausgrenzendem Dogmatismus kommt man da nicht weiter. Während Spiegel-TV die Leute in einem nicht verlinkungswürdigen Beitrag pauschal und verächtlich als "Spinner, die einen Hau weg haben" herabwürdigte, hat telepolis die Schwäche, gerade der etablierten Linken, der jungen Bewegung inhaltliche Seriösität beizubringen in einem Artikel, der einem Journalismus, so wie er sein sollte, nahekommt, Montagsdemos unter Feuer, beschrieben:
(...) die jetzige Sprachlosigkeit zwischen einem Teil der Linken und den "Montagsdemonstranten" spiegelt im weiteren Sinne wohl einfach eine über Jahre hinweg verpasste Debatte.
Ohne Frage haben große Teile der Linken relevante Fragen der Gegenwart bis heute eher ignoriert als diskutiert. Zu nennen wären Themen wie Geopolitik und False-Flag-Terror, aber auch eigentlich klassisch linke ökonomische Fragen zur Bankenmacht, der Rolle des Geldsystems oder dem, was der Soziologe Hans-Jürgen Krysmanski als "Power Structure Research" bezeichnet. Dass all diese Felder zumindest im linken medialen Mainstream weitgehend unbestellt blieben und deren Protagonisten stattdessen in konsequenter Einfalt zu "Verschwörungstheoretikern" erklärt wurden, ist sicher auch eine Erklärung für das jetzige Fremdeln mancher gegenüber den Demonstranten.
Vorbei die Zeiten, als kontroverse Diskurse über Elitenmacht und gelenkte Demokratien noch als Speerspitze des kritischen Journalismus im Spiegel erschienen, (...)
Ganz anders dagegen der Tenor der taz zu dem selben Thema. Möchte allerdings nicht viel drüber schreiben, denn es entlarvt sich quasi von selbst, wie sehr sich die eigentliche "Querfront" zwischen Ökos aus Deutschland und Nazis in der Ukraine da publizistisch-apologetisch windet. Update: oder wie Arno Klönne auf tp heute abend schrieb:
Die Grünen treten als europäische Postmaterialisten, als Euroethiker
auf, neuerdings ziemlich militant, weil Putin Paroli geboten werden
muss; der will bekanntlich die Ukraine asiatisch machen.
Schon vor einigen Tagen erschien auf den Nachdenkseiten ein guter Artikel über die Zusammenhänge von Niedriglohnarbeit, Ausgrenzung und Krankheit,
"Armut macht krank".
Bevor er in der Versenkung zu verschwinden droht, möchte ich noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen. Besonders die FDP-Anhänger, falls es sie noch gibt und falls sie meinen Blog lesen sollten - ... Der neue, "mitfühlende" Kapitalismus (das Lachen bleibt im Hals stecken), den sie propa-gier-en könnte sicher davon profitieren.
Unterdessen konnten es sich die Bilderberg-embedded Lohnschreiber, die z.T. sogar - wie beispielsweise die ZEIT-Leute im Lenkungsausschuss der BB-Konferenz sitzend - die "kommenden, wichtigen Politiker" (u.a. Kohl, Genscher, Stoiber usw.) eingeladen haben, nicht entgehen lassen die ZDF-Satire Sendung "die Anstalt", welche in ihrer Sendung vom 29.4. auf die kaum misinterpretierbaren Verflechtungen hingewiesen hatte, mit Unterlassungsklagen zu überziehen.
In dem tp-Artikel "Leitartikler und Machteliten" werden die diesbezüglichen Hintergründe beleuchtet. Kurz gefasst, versuchen sich die "Journalisten-Teilnehmer" damit herauszureden, dass sie zwar nicht über die Inhalte der Bilderberg-Konferenzen oder Zirkel wie der Atlantik-Brücke (wo sie ein-und-ausgehen) berichten dürften (die Zeit sitzt da, wie gesagt, im Lenkungsausschuss, aber bringt über Jahrzehnte hinweg nicht einen Artikel darüber, dass es die Konferenz überhaupt gibt), aaaber man hätte danach ja für ein halbes Jahr Material für Leitartikel gesammelt --- dass diese zu inoffiziellem und natürlich unkritischem Kampagnenjournalismus verwendet werden (Abarbeiten einer von oben diktierten bzw. selbst mitausgearbeiteten Agenda) ist natürlich, jenseits eines totalen Versagens der Rolle einer integren "vierten Gewalt", die zur Aufklärung der Öffentlichkeit verpflichtet ist, offensichtlich.
Aufgrund solcher Verschleierungs- und Verschweigenstaktiken sucht das Publikum selbstverständlich nach anderen Quellen und muss dabei auch auf viel unseriösen Mist zurückgreifen. Dies kann meiner Ansicht nach durchaus denen angelastet werden, die sich mehr oder weniger instrumentalisieren, man könnte auch sagen: kaufen lassen. "Wes Brot ich ess',..."
Ich bin mir nicht sicher, ob ich Luhmanns Aussage "Aufrichtigkeit kann nicht kommuniziert werden" falsch verstanden habe, aber ich bin doch der Meinung, dass Aufrichtigkeit insofern kommunizierbar ist, als dass Menschen sich an etwas, dass sie subjektiv als aufrichtig empfinden ein Beispiel nehmen können - und auf diese Weise dem Aufsprüren ihres eigenen Gewissens ein Stück weit näher kommen. Zumindest könnte also "der Anspruch an sich selbst aufrichtig sein zu wollen" vermittelt werden, wenn der Empfänger denn bereit dazu ist, dies wahrzunehmen.
Bei den oben genannten Journalistengruppen kann ich persönlich keine Form der Aufrichtigkeit feststellen, da es an Transparenz und Ausgewogenheit mangelt, wo im Hintergrund stets ein Süppchen gekocht wird, dessen Geruch während der Herstellung tunlichst nicht durch die abgeschotteten Ritzen dringen soll - die Öffentlichkeit käme vielleicht auf die Idee zu fragen, was für Zutaten verwendet werden und welche anderen Köche am Werk waren.
Eine letzte Beobachtung zu der Thematik: da scheinbar nur noch die Satiriker, wie "die Anstalt" oder die "heute-show" die wirklich kritische Berichterstattung betreiben dürfen,
drängt sich das Bild des Hofnarren auf, der als einziger die Wahrheit sagen darf - und mit ihm das Sittengemälde einer finanzfeudalistischen, postdemokratischen Herrschaftsstruktur,
in der zwar noch gewählt werden darf, aber in der die Instrumente zur Lenkung so subtil aber auch wirkmächtig geworden sind, dass, wie "die Borg" behaupten würden "Widerstand sinnlos ist".
Ist also Social-Engineering eine der Techniken, die wie Power-Structure-Research in den kommenden Jahren ihre Coming-Out-Debatte für die aufgeklärte Wissensgesellschaft des Internets haben wird?
Eine weichgespülte Erklärbär-Version warum es notwendig war (und ist!), ist sicher schon in Arbeit, denn die Eliten benutzen manipulative Techniken natürlich nur zu unser allem, nie ihrem persönlichen Besten, wobei sie das sicher schonmal miteinander verwechseln.
Jenes Fundament, welches ermöglicht, dass es überhaupt zu solch einer Aufklärung kommen könnte, haben zumindest, ähnlich wie einst der vorwissenschaftliche Wunsch der Alchemisten des ausgehenden Mittelalters Gold zu erschaffen die Grundlagen für die spätere, methodische Chemie und Physik bildeten, die Verschwörungstheorien im Internet um das Jahr 2000 gelegt. Ich bin der großen Hoffung, dass daraus etwas entstehen wird, was unsere Spezies im Endeffekt - hoffentlich für immer - davon befreit, von kleinen Zirkeln zulasten großer Bevölkerungskreise ausgebeutet, manipuliert und sogar getötet zu werden.
Und zwar, ohne dass lediglich neue Zirkel die alten nach blutigen Revolutionen ablösen und das ganze Spiel von vorn beginnen lassen.
Sobald Lenkungs- und Machtstrukturen von größeren Bevölkerungsschichten quasi als Teil der Allgemeinbildung verstanden und in Kombination mit wirtschaftlichen Systemvorraussetzungen dafür gedacht werden, kann die repräsentative Demokratie (momentan eher "real existierende", diktierende Finanzaristokratie), in eine Form direkter Demokratie, jenseits verkrusteter Vermögens- und Machtungleichverteilung verwandelt werden.
Diese Prozesse werden im Moment angestoßen. Das Glas ist tendenziell zur Hälfte gefüllt.
1963 sah man das noch nicht ganz so rosig.
Das heutige Musikstück: Georg Kreisler (dessen hervorragendes Stück Kapitalistenlied ich hier nicht unerwähnt lassen möchte) und Topsy Küppers im Duett:
In jüngster Zeit hat sich, verstärkt durch immer weniger subtile Tendenzen der massenmedialen Einflüsterung eine Gegenöffentlichkeit, eine digitale Front gegen Gleichschaltung gebildet.
Sie opponiert jenem Extremismus der Mitte, der stellvertretend für eine neoliberale Neordnung der Gesellschaft, für einen affirmativen Elitenjournalismus und einen neuen, präsidial verordneten Militarismus steht. Diese digitale Front repräsentiert dessen Gegenstück: eine nicht-extremistische Querfront.
So vereint sie Linksliberale und Rechtslibertäre, die eine orwell'sche Umlackierung des Freiheitsbegriffes ablehnen, sie zieht Anarchisten, Pazifisten und Nationalisten gleichermaßen an. Diese neue Querfront ist keine Liebesheirat, es ist, das wissen alle, die in und durch sie wirken, eine Ehe auf Zeit.
Ihr gemeinsames Ziel ist kein Nationalbolschewismus, wie gerne unterstellt wird. Wenn es ein gemeinsames Ziel überhaupt gibt, dann geht es den sie nutzenden Kräften in Anbetracht der Machtfülle großkoalitionär gestützter Transatlantikernetzwerke ums eigene Überleben. Denn diese marginalisieren die Wirkbreite gesellschaftlicher Gegenentwürfe unter einer bleiernen Decke eingehämmerter, scheinbarer "Alternativlosigkeit".
Wenn Partikularinteressen aus unterschiedlichen Enden des Spektrums überlappen, heißt dies ja nicht, dass alle diese überlappenden Interessen und jegliche Protagonisten dadurch automatisch deligitimiert werden, sehr wohl aber gilt es vorsichtig zu sein und genau hinzuschauen.
Anarcho-Syndikalisten lehnen beispielsweise die von Elitennetzwerken propagierte und ihren Lohnschreibern herbeigebetete Leistungsgesellschaft ab, in der die sog. "Sachzwänge des Kapitals" dem Menschen sein Dahinvegitieren diktieren, anstatt die Nöte und Talente des Menschen als Ausgangspunkt einer Delegation der Produktionsmittel zur Linderung und Kultivierung jener heranzuziehen.
Die Pazifisten widersetzen sich der gewünschten Militarisierung, kritisieren eine erneute Hochrüstung, das Aufeinanderhetzen ganzer Bevölkerungsgruppen und das Weggucken und -ducken unser Politiker bezüglich der Unterstützung oder auch nur Tolerierung menschenverachtender Gruppen die z.B. in der Ukrainer in den Reihen "unserer Verbündeten" mitwirken.
Linksliberale wollen eine freie Presse, ein Ende totalitärer Überwachung. Ebenso Rechtslibertäre, die zwar eine andere Wirtschaftsordnung fordern, aber ebensowenig Interesse daran haben in einem, ihre persönliche Freiheit nach und nach einschränkenden, gleichschaltenden Faschismus aufzuwachen.
Die Nationalisten allerdings, die die immer deutlicher zutage tretende mangelnde Souveränität Deutschlands als Motiv dafür haben, der Querfront zuzuarbeiten, sind in dieser Gleichung die große, gefährliche, weil potentiell von den alten Eliten hochzücht- und manipulierbare Unbekannte.
Größtenteils dem Präkariat und dem nach und nach aufgeriebenen Kleinbürgertum entstammend, haben sie nie ein internationalistisches Klassenbewußtsein etabliert, aber wollen ihre Perspektivlosigkeit und ihre Abstiegsängste - größtenteils jenen neoliberalen, durch sie unbeeinflußbaren ökonomischen Prozessen geschuldet - durch eine Fokussierung auf eine Rückbesinnung, "Neugründung" eines souveränen Nationalstaats kompensieren.
Angefixt vom "'Schland" des Jahres 2006 denken sie kurz, viel zu kurz, ahnen aber, voller Wut im Bauch, die Fremdbestimmung und stellen eine nicht zu vernachlässigbare Größe des Widerstandes gegen Gleichschaltung dar, die früher oder später entweder ein kritisches, revolutionäres Klassenbewußtsein entwickeln wird, oder aber sich wieder, in alter faschistischer Tradition einlullen läßt, in der Hatz auf neue Sündenböcke, wie z.B. Russen, Hartzler, Internationalisten oder Homosexuelle.
"Mit dem Feuer spielt man nicht, man kommt darin um!" trifft also in diesen Tagen des Mais 2014 Tucholskys "Nie wieder Krieg" - und im Hintergrund blubbert leise die Mahnung jenes Frosches, der bei lebendigem Leibe gekocht wird, weil er nicht irgendwann aus dem langsam immer stärker erhitzten Kessel gesprungen ist und es gewagt hat, sich aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit zu befreien.
All diese skizzierten gesellschaftlichen Umbrüche vollziehen sich nicht nur hierzulande auf digitaler Ebene, sondern in der Ukraine, ganz konkret auch auf der Straße.
Während die ukrainischen Kommunisten aus der Rada geschmissen werden, versuchen sich sich russische Marxisten in der Analyse der anfänglichen Selbstorganisation der "Donezker Volksrepublik" und den daraus folgenden gesellschaftspolitischen Konstellationen.
Der Text ist recht interessant, obwohl sehr dogmatisch formuliert und trotz der Tatsache, dass die hier zum Beispiel ganz gut erläuterten Motive der Oligarchen zu kurz kommen, zeigt er doch, welche geschichtlichen Prozesse, jenseits von Geld und Hegemonen auch (mit)wirken könnten...
Drei Minuten Gehör!
Drei Minuten Gehör will ich von euch, die ihr
arbeitet!
Von euch, die ihr den Hammer schwingt,
von euch die ihr auf Krücken hinkt,
von euch, die ihr die Feder führt,
von euch die ihr die Kessel schürt,
von euch, die mit den treuen Händen
dem Manne ihre Liebe spenden
von euch den Jungen und den Alten:
Ihr sollt drei Minuten innehalten.
Wir sind ja nicht unter Kriegsgewinnern.
Wir wollen uns einmal erinnern.
Die erste Minute gehöre dem Mann.
Wer trat vor Jahren in Feldgrau an?
Zu Hause die Kinder - zu Hause weint Mutter ...
Ihr: feldgraues Kanonenfutter-!
Ihr zogt in den lehmigen Ackergraben.
Da saht ihr keinen Fürstenknaben:
der soff sich einen in der Etappe
und ging mit den Damen in die Klappe.
Ihr wurdet geschliffen. Ihr wurdet gedrillt.
Wart ihr noch Gottes Ebenbild?
In der Kaserne - im Schilderhaus
wart ihr niedriger als die schmutzigste Laus.
Der Offizier war eine Perle,
aber ihr wart nur "Kerle"!
Ein elender Schieß- und Grüßautomat.
"Sie Schwein! Hände an die Hosennaht!"
Verwundete mochten sie sich krümmen und biegen:
kam ein Prinz, dann hattet ihr stramm zuliegen.
Und noch im Massengrab wart ihr Schweine:
Die Offiziere lagen alleine!
Ihr wart des Todes billige Ware...
So ging das vier lange blutige Jahre.
Erinnert ihr Euch?
Die zweite Minute gehört der Frau.
wem wurden zu Haus die Haare grau?
Wer schreckte, wenn der Tag vorbei
in den Nächten auf mit einem Schrei?
Wer ist es vier Jahre hindurch gewesen,
der anstand in langen Polonäsen,
indessen Prinzessinnen und ihre Gatten
alles, alles, alles hatten?
Wem schrieben sie einen kurzen Brief,
daß wieder einer in Flandern schlief?
Dazu ein Formular mit zwei Zetteln...
wer mußte hier um die Renten betteln?
Tränen und Krämpfe und wildes Schrein.
Er hatte Ruhe ihr wart allein.
Oder sie schickten ihn, hinkend am Knüppel
euch in die Arme zurück als Krüppel.
So sah sie aus, die wunderbare
große Zeit - vier lange Jahre...
Erinnert ihr euch?
Die dritte Minute gehört den Jungen!
Euch haben sie nicht in die Jacken gezwungen!
Ihr wart noch frei! Ihr seid heute frei!
Sorgt dafür, daß es immer so sei!
An euch hängt die Hoffnung. An euch das Vertrauen
von Millionen deutschen Männern und Frauen.
Ihr sollt nicht stramm stehen. Ihr sollt nicht dienen!
Die gute Nachricht: Deutschland lernt aus der Geschichte.
Die schlechte, man ahnt es schon: leider das Falsche.
Wie heute bekannt wurde, hat die Bundesregierung diesmal (nach dem Winterkriegs-Debakel 1941) als Allererstes an die richtigen Uniformen für die Ostfront gedacht - sieht man mal von den aufgeflogenenklärenden Militärbeobachtern in Zivil ab.
Nur so ist es zu verstehen, dass die Nazis der
ukrainischen Sondereinheiten „Omega“ und „Vega“, die an der
Niederschlagung der Proteste im Osten des Landes teilnehmen, neue
Uniformen aus Deutschland geschenkt bekommen [haben].
"Die Soldaten loben die neuen Uniformen als ein wichtiges und
rechtzeitiges Geschenk, denn sie sind bis ins Detail durchdacht", teilte
das ukrainische Innenministerium am Dienstag mit. Über die genaue Menge
der Uniformen, die die Bundesrepublik geliefert hat, machte das
Innenministerium keine Angaben. da
Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man glatt weinen vor Lachen. Es passt perfekt zum neuen Gesicht "einer Kultur des Gedenkens", ausgeführt mit "deutscher Gründlichkeit".
Der deutsche Fußballbund wiederum will jeden politischen Zusammenhang aus dem Sport fernhalten, obwohl - oder gerade weil - selbst natürlich eng bzgl. Interessen und Finanzen mit Staat und Politik verflochten.
Dieses Ziel wurde am Millerntor bei dem Abschlusstraining vor dem Länderspiel Deutschland (Einkleider) - Polen (Ausbilder)
am Ende doch noch erreicht, nachdem ein Männlein mit einem grünen Tüchlein "Kein Fußball" erfolgreich von "den Faschisten" befreit hatte.
Dass eine Krähe der anderen kein Auge aushackt, legt das Ergebnis (0:0) jedenfalls nahe.
Training im Gefahrengebiet: "Kein Fußball" ohne Antifaschismus
Einen weiteren Aspekt des Um-Gedenkens bietet selbstverständlich auch der transatlantische Komplex - syndromatische Brücken der Freundschaft und so.
Hier wird anhand eines Beispielfalls im dreistelligen Millionenbereich die Verzahnung bzgl. Postenverteilung und Beauftragung (Finanzierung) von sog. wissenschaftlichen, "beratenden Instituten" durch die Bundesregierung sehr anschaulich auseinandergenommen.
Das klingt jetzt nicht sexy, ist aber gut zu wissen um Zusammenhänge besser zu verstehen.
Und das liest man so sicher auch nicht in der Zeitung. Halbwegs investigativer Journalismus, der Verflechtungen offenbart und anprangert ist von den alten Flaggschiffen, der taz z.B., schon lange nicht mehr zu erwarten, die sind wahrscheinlich auch zu sehr mit der Rechtfertigung des Regimes in Kiew beschäftigt - oder stricken Fanschals aus Biowolle, die die neuen Uniformen hipstermäßig ergänzen - der neue Nazi-Chic.
Nachdem der berüchtigte, militärwissenschaftliche(?) Dienstleister "Academi", d.h. Ex-Blackwater, Ex-Xe (sic!), noch im März die Meldungen in russischen Zeitungen über amerikanische Söldner in der Ukraine, die Hand in Hand mit der neu formierten Nazi-Nationalgarde agieren, als „Gerüchte unverantwortlicher Blogger und Onlinereporter“ abtat und hierzulande diesbezügliche Kommentare als Verschwörungstheorien (das Buzzwort wandelt sich momentan allem Anschein nach zum Kompliment!) bezeichnet wurden, haben die hiesigen Massenmedien heute, eineinhalb Monate später, der "Bild" folgend, die Meldung auch gebracht.
'Tiananmen-Moment' in Mariupol
Es stellt sich die Frage, warum "Regierungskreise" mit besten Kontakten zu Springer (ich denke da an die Kaffeekränzchenconnection Angela-Friede-Liz) durchgestochen haben, was die Amis dem BND wohl nach einiger Zeit doch noch 'offiziell' gesteckt haben.
Evtl. hängt das mit den Gerüchten, ein Zug jener Söldner sei verschwunden, zusammen - "man" möchte also präventiv einer etwaigen "Präsentation" dieser Söldner den Neuigkeitswert nehmen.
Es könnte aber auch damit zu tun haben, dass Hollande Merkel angemahnt hat, die europäische Position, die ja nicht identisch mit der amerikanischen ist, zu stärken (Absetzbewegungen, um Schaden von angeschlagenen Wirtschaften fernzuhalten).
Wodurch auch immer das Zurückrudern zustande kam, es ist bemerkenswert, dass just am Sonntag Morgen - wie auf Kommando - auf einmal zahlreiche, für unsere Massenmedien geradezu ausgewogene Artikel veröffentlicht wurden.
Eine kleine aber wichtige Hintergrundinformation zum Schluß noch: Monsanto hat Academi vor einiger Zeit gekauft. Und da Monsanto ja auch großes Interesse an der Nutzung der ukrainischen Agrarflächen hat, ist die Präsenz ihrer Söldner dort natürlich folgerichtig im Sinne eines Konzernimperialismus, in Symbiose mit diversen, "marktkonformen", staatlichen Akteuren.
Ach, Wonnemonat Mai - dass ich nicht lache! Wolken, mehr Wolken - und all das garniert mit elenden Nachrichten. Hunderte kommen in Erdrutschen um, Hunderte werden gemetzelt, verbrannt, ertränkt, ausgepeitscht und zu Tode gespritzt, Hunderte versklavt, die Erde ist noch immer dem Wahnsinn
verfallen - unheimliches, ja gespenstisch brüllendes Irrenhaus --
und der Narr auf dem Hügel sieht die Sonne untergehen
und die Augen in seinem Kopf verstehen,
dass sich Welten sanft umdrehen.
Wachstum auf Zeit
Alle sind wir Blüten
sonderbaren Dufts;
alle auch Blätter: frisch
getüncht und straffiert
--
Stengel und Stiel:
wir. Schwingen hinzu
und dunkelfeucht verklammern
unsre Wurzeln sich in treibendem Sand.
Unterdessen richtet die neue deutsche Jugend
- großartig inszeniert von Martin Lebens Sonneborn -
wieder in Nürnberg ihre aufrechten Köpfe gen
Himmel
Während Richard Zietzt im Freitag die offensichtlich bewußt gebremste und verschleiernde Berichterstattung bezüglich des Pogroms von Odessa voller argumentativer Wut als Medien-GAU bezeichnet (Hut ab!) und
der Ex-Attac Aktivist Pedram Shahyar in der taz eloquent seine Gründe darlegt, warum er auf den Berliner Montagsdemos sprechen wird und sich dabei auch von der, in den letzten Jahren leider immer tendenziöseren Fragestellung der taz nicht aus der Ruhe bringen läßt,
unterstellt der Philosoph Srećko Horvat, Co-Autor und Freund Slavoj Žižeks im Freitag der undogmatischen "Occupy-Linken" unter Verwendung eines äußerst unappetitlichen Beispiels aus Lars von Triers "Nymphomaniac" eine geheime Leidenschaft nach "der Macht".
Er befürworte diesbezüglich "eine Art Dialektik zwischen einer linken Partei, den Gremien der jeweiligen Protestbewegung und der breiten Masse von Demonstranten und Aktivisten", ähnlich "wie in Brasilien unter Lula".
Kurz darauf versucht er mithilfe Carl Schmitts und Walter Benjamins den "politischen Romantizismus", die „Anästhetisierung" der Occupisten darzulegen, "vor lauter Selbstinszenierung" geriete ihnen "allmählich das politische Ziel aus dem Blick".
Am Ende dieses - wie ich finde: enttäuschenden - Interviews sieht Srećko Horvat sich jedoch selbst in der Rolle des "romantischen Optimisten", da er argumentiere, dass der Kapitalismus - das habe er nach vielen Reisen durch die Weltgeschichte festgestellt - ja doch nichts tauge ohne "die europäischen Errungenschaften Wohlfahrtsstaat, Gewerkschaften und Solidarität".
Und mit denen ist also alles ok, dann taugt er also was? Das ist mir viel zu kurz gedacht. Zum Beispiel hier eine mögliche, formalistisch-dogmatische Analyse:
"(...)Allerdings hat sich etwas im Verhältnis zwischen den Klassen geändert und zwar dahingehend, dass seitens der Bourgoisie in zunehmenden Maße der Klassenkampf verstärkt wird. Und das besonders seit dem Zusammenbruch der stalinistischen Systeme, die immer noch einen Gegenpol zur westlich kapitalistischen Welt dargestellt haben.
Alle sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse, die sie sich insbesondere nach dem WK II erkämpft hat, werden nach und nach abgebaut. Gleichzeitig werden die Löhne und Renten angegriffen. International findet dies außerdem seinen Ausdruck in sich
verstärkendem Imperialismus und wieder aufflammenden Militarismus, was immer öfter in kriegerische Auseinandersetzungen mündet. "
Der Redlichkeit halber ist meine Kritik vielleicht etwas polemisch, denn Horvat wurde in der letzten Frage des Interviews nach der Bedeutung Europas gefragt, und die Relativierung des "europäischen" gegenüber dem Rest-Welt-Kapitalismus ist ja auch legitim (wenn auch ablenkend, s.o.), aber wie er's formuliert hat mir das doch etwas aufgestoßen.
Als musikalischer Kommentar deshalb heute eine schlafwanderisch-pittoreske Endmoränenlandschaft:
Manchmal, wenn es kritischen, souveränen, d.h. mündigen Bürger wieder einmal alles traurig und grau erscheint, verfahren in matschigem Schleim gen Osten, wenn es im Wonnemonat Mai in Europa wieder nach verbranntem Menschenfleisch riecht, wenn das Gebrüll nach Aufrüstung mit bezahlter (und leider auch unbezahlter) Hetze gegen "den Ivan" im Kanon von Presse und "Sicherheits"institutionen angestimmt wird, also wenn, wie Rio Reiser es einst sang "die Nacht am tiefsten ist", dann bedeutet eine solche scheinbare Ausweglosigkeit zugleich auch einen Paradigmenwechsel des Denkens: den Beginn des Verachtens der alles verschlingenden Angst, denn: "so ist der Tag am nächsten".
Diese Befreiung, die - um es pathetisch zu machen - den leuchtenden Funken Hoffnung inmitten der dunklen Hölle anvisiert, lobpreist, und ihm entgegenstrebt, impliziert ein Aufbrechen der Mechanismen, die Herrschaft konstituieren ("freedom is just another word for nothing left to lose").
Das Netz aus Lügen wird brüchig, der lebendige, pulsierende Keim sprengt, wie die Wurzel eines Baumes, den Propaganda-Beton seiner Hülle ab. "Im Übrigen sind die "Grünen" wie Bananen. Erst grün, dann gelb, dann braun. "
In diesem Sinne:
Wie geht eine Sockenpuppe glaubwürdig auf Äquidistanz*?
Sie bettelt untertänigst darum, vom Korb für schmutzige Wäsche verschont zu bleiben...
* Äquidistanz (Politik),
gleicher Abstand (ideologisch, im Hinblick auf die
Interessensgewichtung) zu zwei oder mehreren anderen Staaten, Blöcken
oder Bündnissen; nicht zu verwechseln mit Neutralität; letztere kann
rein formal sein.
Heute wurde in Odessa ein Haus angezündet, 38 46 Menschen starben, 200 wurden verletzt.
Abgesehen von der erschreckenden, faschistischen Menschenverachtung und einem sich offenbarenden, gnadenlosen Vernichtungswillen, zeigt dieser Vorfall leider auch, was in Europa des Jahres 2014 'plötzlich' (z.B. mit freundlicher Tolerierung der Konrad-Adenauer-Stiftung!! ) wieder herumgeistert - und wer von den bratzigen CDU-Apologeten hätte bei der letzten Wahl gedacht, dass unsere ja ach so pragmatische und "auf das Volk hörende" Führerin folgendes nun mitzuverantworten hätte?
"Das Gebäude [Gewerkschaftshaus!] wurde vom Rechten Sektor mit Molotow-Cocktails
angezündet. Ins Gebäude sind prorussische Aktivisten geflüchtet, nachdem
ihr Zeltlager angegriffen wurde. Menschen, die aus den Fenstern
sprangen, wurden am Boden brutal geschlagen, sofern sie nicht schon tot
waren." da
So weit ich nach Recherche die Sache in Odessa überblicke: 118 Tote,
davon 5 Kinder. Die meisten Toten im Keller des Gewerkschaftsgebäudes
mit Schussverletzungen. In den Stockwerken sind die toten ab der Hüfte
bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Einige haben Schussverletzungen. So
als ob die Menschen mit Brandbeschleuniger eingesprüht und dann
angezündet wurden. Im dritten Stock des Gebäudes eine schwangerne Frau
stehend, rückwärts an einen Schreibtisch gelehnt, vergewaltigt und
erdrosselt. Die Polizei vesucht die Leichen im Keller verschwinden zu
lassen. Insgesamt waren in Odessa 300 Personen vemisst. Ca 60 wurden von
der Menge gestern befreit, einige vorher von der Polizei nach Kiev
abtransportiert. Damit dürfte es sich beim fehlenden Rest um die Opfer
handeln. Alles recherchierbar und mit Google übersetzbar. Der elende
deutsche Berufsjournalismus hat sich nicht die Mühe gemacht. Meine
Konsequenz: nie mehr einen Cent für "Qualitätsmedien"! da
Wahrscheinlich haben die CDU-Wähler eher auf die Kette um ihren Hals (nein, Fr. M. fährt nicht wirklich gern über den großen Teich, glaub ich zumindest) geachtet, als sich um imperialistische, pudelhafte Außenpolitik und deren Auswirkungen für die Menschheitsgeschichte Sorgen zu machen - das tun sie jetzt wahrscheinlich auch noch immer nicht, aber das ist nicht der Punkt.
Vielmehr ist die Grausamkeit der Tat etwas, wo diese eher "emotionalen" Menschen doch eigentlich anknüpfen können sollten. Die digitale Front gegen Gleichschaltung kann nur "Hand in Hand" mit einem Antifaschismus, der "von Herzen" kommt, gelingen.
Maxim Gorkis Roman "Die Mutter" beschreibt diese Dynamik sehr gut.
Nur mit intuitiver Liebe kann die Revolte funktionieren, es gilt die informativen Barrieren zwischen ursprünglicher Quelle und mobilisierbarem Rezipent direkter zu überwinden - je weniger Störung dort besteht, desto bewußter wird das Fühlen, welches Verstehen und Handeln zur Folge hat.
Im Gedenken an die ermordeten Antifaschisten in Odessa, 2.5.2014
Ich kenn da einen, der interessiert sich, möchte man glauben, so sehr für Geschichte, dass er das sogar studiert und bald als Beruf auszuüben gedenkt.
Zumindest kann er dann einen Abschluß vorweisen, denn in Deutschland zählen - mehr als anderswo noch - natürlich die Dokumente, das weiß er - und er weiß, dass die Bank das weiß.
Merkwürdigerweise spielt er aber ungern mit dem Gedanken, selbst die Quelle seiner Geschichtsschreibung zu werden, d.h. aktiv zu sein. Wahrscheinlich misstraut er sich selbst zu sehr dabei auch objektiv zu bleiben.
Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass er nicht idealistisch genug sein mag, um den Unterschied zwischen (un)möglichem Chaos und positiv-progressivem Beispiel durch die eigene Präsenz mit herauszuarbeiten.
Obschon er nicht per se unpolitisch ist, geht er lieber ins Kasino und verspielt Geld, das er nicht hat (obwohl er laut eigener Aussage fast immer zumindest ein wenig gewinnt), während ein paar hundert Meter weiter ein paar Hunderschaften ein paar hundert andere Menschen - jene nämlich, die gegen Unterdrückung und Ausbeutung, gegen die hiesigen Oligarchen und deren Handlanger demonstrieren, kurz: gegen all das was in den gleichgeschalteten Medien nicht vorkommt, weil nicht sein kann, was nicht sein darf - an die Wand stellen quetschen.
Er will lieber nicht auffallen, für nichts einstehen was er ja eigentlich auch nicht befürwortet, denn aus seiner Sicht läuft alles noch halbwegs gut. Er ist Beispiel für die schweigende Mehrheit: Ursache und Symptom zugleich, warum es so rinnen kann, wie es gerinnt.
Lebensmittelkonzerne unter sich
Er wird in diesem, vor lauter Mittelmäßigkeit und Konsumzombies prosperierenden Land eine Zukunft haben, denn es braucht Leute seines Schlages - Geschichtsschreiber, deren mehr oder weniger kritische Distanz zu den Geschehnissen durch einen Berg Schulden über Jahre gewährleistet ist; die bereit sind sich anzupassen und, obwohl sie -gottseidank- nicht wirklich jemanden oder etwas hassen, dies dennoch -fahrlässig- anderen überlassen.
Er käme nicht auf die Idee, dass wenn es mehr Rechtschaffende gäbe, die "für die Sache" einstehen würden, die Möglichkeit die Dinge friedlich und gerecht, ohne Hass, neu zu regeln, wachsen würde.
Er ist -präventiv- wohl zu sehr Zyniker, zu sehr abhängig von einem System, das Geschichte nur als Butter auf dem Brott, glattgestrichen und fettarm serviert bekommen will, von glücklichen Kühen schonend ermolken.
Alles ist gut, hier gibt es nichts zu sehen, gehen sie weiter, die Veranstaltung ist beendet.
Schreiben sie dies und jenes auf und dann raus hier. Wir prüfen das übrigens nach.
Er ahnt, aber will die Enge der Ställe nicht sehen, die Gülle nicht riechen, die gemarterten, stumpfsinnigen, überzüchteten, genmanipulierten Industrieprodukte, die Ware, den Profit, die Knechte und Mägde - die historische Kontinuität nicht wahrhaben.
Das hätte ja eventuell zur Folge, selbst aus dem Kokon der Ohnmacht ausbrechen zu wollen - und genau das kann er sich nicht leisten, die Bank will ja ihre Raten pünktlich auf den Tisch haben und das familiäre Umfeld erwartet Erfolge.
Ich habe ihn einmal gefragt, ob ein verantwortungsbewußter Historiker nicht in erster Linie Journalist, in zweiter Linie Soziologe und in dritter Linie Politiker sein müsse.
Ich erinnere mich leider an keine Antwort. Ein guter Historiker bin ich wohl nicht.
Ein guter Freund ist er trotzdem.
Im Vorfeld wurde viel diskutiert.
Würde die "revolutionäre Linke" Hamburgs am ersten Mai 2014 um 18:00 Uhr ihre lautstarke Positionierung gegen Nationalismus, Imperialismus, Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung ausdrücken können, d.h. das ganze Sammelsurium linken Denkens also, welches leider niemals an Aktualität einbüßt deutlich (d.h. zahlreich) kritisieren können?
Würde der Neue "Oberbulle" in Hamburg Augenmaß beweisen oder sich wie befürchtet als harter Hund aufspielen? Würden die Autonomen zu einem Waffenstillstand bereit sein?
Nun, dachte ich, es würde nicht schaden, sich selbst ein Bild der Ereignisse zu machen, gerade im Bezug auf die kontroverse Berichterstattung kurz vor Weihnachten, als das Geschehen im Schanzenviertel und auf dem Kiez bekanntlich ja in der Errichtung eines "Gefahrengebietes" und anschließenden, täglichen Demos nach Neujahr endete.
An diesem nicht heissen und nicht nassen ersten Mai setzt sich der Demozug um ca. 18:40 Uhr in Bewegung und wird nach ca 20 Minuten kurz vor dem Abbiegen auf die Reeperbahn gestoppt.
Es heißt später von der Polizeiführung, Flaschen seien geworfen worden, die Demonstranten vermuten allerdings, es wäre von vornherein beabsichtigt worden, den Demozug nicht auf den Kiez zu lassen, aus Angst, dass die Menge in Richtung Davidswache maschieren würde und diese symbolische Position kompromittiert werden könnte (ja, die "kriegsberichterstattende" Formulierung ist beabsichtigt, denn Deutschland wird ja nicht nur am Hindukusch verteidigt, sondern auch auf der Reeperbahn...)
Die Mopo berichtet von 2200 Demonstranten (1400 erwartet) und 1800 Polizisten,
ich berichte von drei Wasserwerfern, die sich bedrohlich vor den Demonstranten aufbauen.
Erst langsam, dann schneller - die Menge skandiert "hopp, hopp, Schweine im Gallopp" - schließen sich auch die Polizeiketten rechts und links der Demo. Und hinten.
Die Demo kommt vorn ins Stocken. Keiner hat Bock darauf gekesselt zu werden, Dutzende weichen aufs Heiligengeistfeld aus, von wo allerdings auch zwei Züge Polizisten anrücken. Plötzlich fliegt ein ca 1,50 m, kleiner aber drahtiger Typ, schwarz vermummt und mit Sonnenbrille und Käppi (also absolut unwiedererkennbar), wie aus dem Nichts mit einem beidfüßigen Karatekick auf die kleinste Polizistin in der Reihe zu, rennt lachend zurück, als ob er ein ganz gewitzer Spitzbube sei. Absolut scheisse, zudem einige Spacken auch noch johlen. Kurz darauf geht's nicht weiter - ein ebenfalls bunt Gekleideter berichtet empört von Flaschenwürfen der Demonstranten.
Dann, 40 min später wird, nach langem hin und her zwischen Einsatz- und Demoleitung verkündet, dass der Demozug in Richtung Glacischaussee umgeleitet wird. Es vergehen jedoch noch weitere Minuten mit weiteren Verletzten (es wird langsam kalt). Die Polizeilautsprecher herrschen die Demonstranten an, sie sollten sich nicht "wie Tiere" benehmen. Schließlich setzt sich die Demo wieder in Bewegung und läuft im Endeffekt erfolgreich einmal im Kreis zurück zum Startpunkt Feldstraße -- die Polizei will die Veranstaltung beenden, die U-Bahn hält dort - wie in Berlin auch - nicht mehr.
Die Demostranten sind gerade wieder warm geworden, wollen weiter, zum Ursprungszielort Reeperbahn. Die "schwarzen" Polizistentrupps (die Fiesen) stehen vorn und blocken, kommen dann auch von hinten rechts. Lnks: zwar keine Polizeikette, aber eine 1-Meter hohe Steinmauer, darüber ein ca. 1,5 m hoher Bauzaun, dahinter: eine Baustelle (ehemaliger Toom-Markt)- Plötzlich erfolgt ein ruckartiger Einbruch der Polizisten von rechts in die Menge, 20 schwarzgekleidete -Autonome wie Polizisten- liegen, wie beim American Football, übereinander. Die Masse weicht panisch vor den Knüppeln der anderen Polizisten zurück, wird immer enger gedrängt und schließlich an die Mauer gedrückt. Voller Angst klettern die Menschen hoch, um nicht zerquescht zu werden, der Zaun wird niedergerissen. Wow, Polizei, was habt ihr euch dabei nur gedacht?!?!?!??!?! "Duisburg" sicher nicht!! Wahrscheinlich wart ihr zu schwarz angezogen um irgendwas zu peilen -- da bestand für viele Unbeteiligte, größtenteils friedliche Demonstranten Lebensgefahr, liebe Einsatzleitung!!!! Was nun folgte ist symptomatisch für die Folgen einer solchen Dummheit: da die Baustelle (ein Rohbau steht schon, aber noch ohne Fenster) über eine Menge Mörtel und fette Brocken verfügte, flogen kurz darauf auch Steine.
Bin ich absolut kein Fan von, denn die größte Angst besteht bei mir darin als Unbeteiligter eben davon getroffen zu werden, während ich meine Haut vor dermaßen sinnloser Gewalt rette - Knüppel haben - immerhin - nur eine gewisse, kürzere Reichweite.
Um es kurz zu machen: der polizistische Move, die Demo auf die Baustelle abzudrängen hatte im Endeffekt den durchaus rückschlagenden Effekt, dass die Polizistenketten durchbrochen wurden und die Demo noch "heim" in den Florabereich ziehen konnte, von wo ich, in partnerschaftlicher Notwehr Fußmassagen versprechend, die Grenzen des Gefahrengebietes abschritt und, schließlich in einem deutlich ruhigeren Stadtviertel angekommen, darüber grübelte, wo genau die Grenze der Satuiertheit in den Köpfen der Menschen wohl verlaufe, es kann doch nicht nur am Portemonaie liegen?
Mein Fazit: der schwarze Block hat provoziert, die Polizei hat provoziert, es waren ca. ein Drittel mehr Leute als erwartet da - und zwar friedliche, bunte, wie schon im Dezember - (!), das Demoziel der Route wurde allerdings nicht erreicht, wie schon im Dezember - aber die Demonstranten können einen moralischen Sieg verbuchen -- wie schon im Dezember.
Der Kampf geht weiter, ebenso die innerlinke Diskussion, wie man deutliche Mobilisierung gegen "Alltagsrassimus" und "Nato-Faschisten" ummünzen und weiter ausbauen kann.
Die Linke jedenfalls ist noch quicklebendig, wenn auch teilweise noch nicht erwachsen (immer diese dummen Kinder, die sich aufspielen wollen und das auch noch gegen die Schwächsten der Gegenseite).
Zu denken gibt allerdings eine sehr düstere Vorahnung, die aus dem Demowagen verkündet wurde, während der gerade umgeleitete Zug in Sichtweite des Untersuchungsgefängnisses kam: dass nämlich die Polizisten die anwesenden Revolutionäre wohl bald zu erschießen hätten, wenn sie sich von der sich radikalisierenden Obrigkeit weiter so instrumentalisieren ließen. So sehr ich mir wünsche, dass es dazu nicht kommt, so nachdenklich und bleibend war aber mein Eindruck. Sagt nicht, ihr hättet von nichts gewußt. Nie wieder.
Sehr wohl
geht es drum jenen drei Affen
weil der Staat in dem
sie anschaffen
ja doch
nur Manege ist, sagt Samuel.
Die Peitsche knallt, Turbinen donnern -
da kommt ein Wink: die Affen kauern.
Sie hören nichts, sie sehen nichts, sie sagen nichts,
das Publikum ist schwer enttäuscht,
doch der Direktor Onkel, er grinst stolz.
Und denkt:
es ist mir kaum noch nachzumachen,
wie solch dressierte Affen es nicht schaffen
auf zu hören, einzusehen und auszusprechen.
Der heiße Bobo, der mag so gern Schnee und will, dass ichs beschweige,
Von Coco weiß ich: Bananen, die liebt er - das soll man bloß nicht seh'n;
und Bimbes, der Gute, ist feige, hat Sorge zu lauschen wie ich den Brüdern was geige.
Dass solch ein ödes Ensemble kein Zuschauer will: wen kümmerts?
Den maroden Betrieb wird mein Hedgefond ausschlachten -
die Affen sind nun reif für neue Versuche,
ich werd sie am besten gleich mal an Klein-Thomas verpachten.