Mittwoch, 30. April 2014

par ordre du mufti

Im heutigen Online-Spiegel liest sich nun auch (s.. meinen vorletzten Beitrag),  etwas "Offizielleres" über den inneren Diskurs bezüglich der "Lage der Linken":

"Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden befindet sich die Linksaußen-Fraktion ohnehin in einer generellen Orientierungsphase. Abgestoßen von den ritualisierten Krawallen erlebnisorientierter Jugendlicher an den Mai-Feiertagen und zurückgedrängt von der um sich greifenden Gentrifizierung in den Großstädten, sucht die Mehrheit der Radikalen ebenso sehr nach einer Strategie wie nach einer Botschaft."
Ja, mei die Botschaft! Allein sie fehlt! Natürlich nicht, vielleicht nur das geliehene Ohr nebst eines Kopfes eigentümlichen Wesens. Bzw.: Alles was uns fehlt ist -selbstverständlich, wie immer- nur die Solidarität!
Aber etwas anderes fehlt wie man zwischen den Zeilen des Artikels lesen kann: nämlich der Erfolg der Polizei mit Hilfe ihrer Agents Provocateurs potentielle Gewalttäter anzustacheln:
"Dieser harte Kern extrem Gewaltbereiter werde in diesem Jahr wohl ähnlich groß sein wie in den Vorjahren, heißt es bei der Berliner Polizei."
Toll, dass die das immer auch so genau wissen können!
"Aber der Teil, der sich von ihnen aufstacheln lässt, wird kleiner."
So, so. Hört, hört!

Und da beklagt man sich, dass die Linke keine Botschaft hätte? Ein zukünftig mobilisierenderes Nein zur Gewalt kann sicherlich nicht im Interesse jener -warum wohl?- mindestens "ähnlich groß" gebliebenen (denn da wird nie was  gestrichen, eher das Gegenteil) - genau: Vundertschaft sein.

Nachher träfen sich noch die morgendliche DGB Demo und die abendliche, revolutionäre 18-Uhr Demo um 15 Uhr gemeinsam - wo kämen wir denn da hin!

Update: Da scheint ja einiges innerhalb der gesamten Linken in Bewegung zu sein! Jetzt reagiert Linkspartei-Vorsitzende Kippling laut "Welt" mit einer Initiative, den Tag der Arbeit zum Tag der Gerechtigkeit umzudefinieren. Find ich ich ja garnicht so schlecht - das kostet nix und bringt (im besten Falle) sogar noche etwas. Die Kippling hat das mit Sicherheit auch im Bezug auf das Grundeinkommen, das sie ja befürwortet, gesagt. Wobei im Artikel steht, sie werbe jetzt für eine Reform der Arbeitslosenversicherung zur Erwerbslebensversicherung, man solle 4 Jahre "frei machen dürfen" bei 67% Lohn usw. Also scheint sie sich jetzt koalitionsfähig gebärden zu wollen.
Außerdem gibt es den tag der Gerechtigkeit zumindest in NRW schon,e r heißt da offiziell "Tag des Bekenntnisses zu Freiheit und Frieden, sozialer Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und Menschenwürde". Prost!
  

Eine ermutigende Veranstaltung

Die gestrige "Anstalt" im zdf ZDF war einsame Spitze, wer sie nicht gesehen hat, der sollte das auf youtube nachholen.
Viele der in meinem letzten Beitrag angesprochenen Themen wurden behandelt - und am Ende gabs ein Lied von Konstantin Wecker, voller Pathos, aber - ach! - so schön.

Ich hatte überlegt, ob ich den einen oder anderen Kracher zitiere, aber da die Sendung als Ganzes so überzeugt hat, will ich nichts vorweg nehmen; und wer sich's entgehen läßt, ist selber schuld.

Phänomen des Tages: das Feigenblatt (FOX on the run)

In diesem Sinne, also Mut zur Freiheit (and all that imposterous jazz) ein kürzlich von mir verfasstes Gedicht (uhh, Eso-Ecke, ick hör dir trappsen):


In Psalmen der Liebe 


Feigenvogel, Zeitenwandler ~
gelobt sei dein Klang, der Lüfte streichelt,
Sonnen strahl’n und Ewigkeiten
weinen lehrt.

Bestaunt sei dein Flug ~
Sehnenssegler, Blütenträumer,
dem schollendonnernd Wellen klatschen
und Wolken röten.

Alle Sorgen, Hoffnungswütiger,
jegliche Ängste, Lächlerschäumer,
ersuchen, ehrfurchtsvoll ob der Gischt
deines maßlos schwebenden Blickes
um Zuflucht ~





Dienstag, 29. April 2014

Positivistische Häme

Auf Telepolis wurde über das Versagen des Journalismus diskutiert:  Mediale Einseitigkeiten und Verlautbarungsjounalismus - einer der vielen Kommentare unter dem nicht sonderlich impressiven Artikel ist jedoch äußerst bemerkenswert!

Im Freitag reflektiert Peter Ulrich den Zustand der undogmatischen, "nach rechts offenen" "linken Diskursmileus" innerhalb der neuen "bestenfalls nationalbolschewistischen Querfront"-APO, die mittelfristig, so die den Artikel durchziehende Hauptthese, weit mehr Mobilisierungspotential zu haben scheint als das orthodoxe, "(alt)linke" Gender-etc.Establishment. Dessen selbstreferenziellen Habitus er -zurecht!- als wenig hilfreich kritisiert, um die neue, im Spiel befindliche ungebundene "unbedarft&truthistische Eso-Verschwörer"- Anhängerschaft scheinbar auf den letzten Drücker doch noch irgendwie ortho-links anzubinden.
Solle man, fragt er, nicht vielleicht doch mal hingehen und mitdiskutieren statt sich angeekelt abzugrenzen?
Selbst Akzente setzen? Natürlich! Zustimmung von mir. GenderInn*n an die Front. Trotzdem Hä-Hä,
es ist alles so gewollt geschrieben, so als ob der Autor traurig wäre seinen Blick auf eine Graubetonkulisse  gegen eine mit ein wenig mehr Farbbeton eintauschen zu müssen.
 Man merkt während des Lesens des Artikels förmlich, wie er knarzend, ja zähneknirschend versucht alte dogmatische Kampflinien den Wahrheiten (das Sein bestimmt das Bewußtsein) der neuen Zeit anzupassen,
da der Mittel- und Gärpunkt des öffentlichen Diskurses, das weiss er ganz genau, immer da ist wo die Straße -bzw. heute ist es das Netz (und dadurch die Straße) - ist.

Und die füllt sich, je xenokratiesensibler die Leute reagieren, denn die legitimative Implosion, der dank Snowden immer offensichtlicher nackten Kaiser hat "das Volk" ja scheinbar erschüttert und einige wacher gerüttelt, u.a. auch durch die große Diskrepanz öffentlicher und veröffentlichter Meinung im Bezug auf die Forcierung der Etablierung eines neuen (alten!) Metafeindbilds.
Osama/Goldstein wird von dem neuen ozeanischen Hauptfeind (Putins) Eurasien (danach: Ping Pongs Ostasien) abgelöst usw.

Sollte in Zukunft, wenn man Peter Ulrich folgt, z.B. ein studentischer hardcore An antideutscher, mit jemandem, der (wie ich weiter oben) dieses aus ihrer Perspektive schlimme nationalbloschewistische Wort, "Volk" benutzt  - bestenfalls aus vermeintlicher Dummheit, schlimmstenfalls faschistischer Subvention äh Subversion heraus (also  bestimmt irgendwie "eso-völkisch-verschwörerisch" denkend),  sollte der also  jetzt doch mit mir diskutieren bevor ich am Ende noch von den pösen Nazis hintenrum und durch ne Öse eingefangen werden könnte??

Weil die "antisemitischen" Ideen sich ja auch bei solchen verfangen könnten die "sich selbst als nicht rechts sehen" aber dann (in anderen orthodoxen Publikationen u.a. der taz) als neurechts diffamiert werden?

Am Ende gibt es sogar noch ein paar total Verrückte die glauben könnten, das ist alles ne Verschwörung des orthodoxen Establishments mit den Diensten, um die unabhängigen Linken mit in die Rechtsextremismusdatenbank bugsieren zu können!!1!

Des Autors Verweis (wobei, steht das da eigentlich drin?), dass beim Maidan die Rechten die Macht innerhalb einer ursprünglich inhomogenen Protestbewegung übernehmen konnten (ebenso in Ägypten nach dem Sturz Mubaraks -oder Ende der Siebziger beim Sturz des Schahs) ist wichtig und berechtigt, entbindet aber gerade deshalb nicht von der Pflicht zur Solidarität um es gar nicht zu obigen Entwicklungen kommen zu lassen, die ohne linkes Engagement noch sehr viel wahrscheinlicher sind.


Min Unbehagen wuchs, je länger der Originalartikel wurde, da Ulrich seine Erkenntnisse fast wie ein verbissener, wütender, weil einknickender Emissär aufzählt. Die sind alle so neu nicht, aber - zugegeben, das hat er gewagt - sie waren bisher kaum in in diesen halbwegs konstistenten Zusammenhängen in größeren Medien zu lesen.

In diesem Sinne, liebe "antideutschen, studentischen Gender-Aufrechten",
ein Gedicht für euch mit Bild von Dali (und Musik von Ananda Shankar, wenn ihr Youtube überlisten könnt),
mit soldiarischem Gruss der - man staune: es gibt sie und wird sie auch immer geben, einfach weil sie so furchtbar kompliziert unorthodox ist - undogmatischen Linken.
Auf dass die Strömungen, nun ja, auch weiter bewegt sein mögen - bedacht mit mehr oder weniger reißend-hedonistischem Applaus des postdemokratischen Spektakelpublikums Slash Protest-Souveräns.
Mst, jtzt hb ch mch dch gltt n dn gnzn ntsmtschn* Gdnkn nd Wrtn vrschlckt.
*(latent schwer zu entschlüsseln)

Narcissus,
in his immobility,
absorbed by his reflection with the digestive slowness of carnivorous plants,
becomes invisible.
There remains of him only the hallucinatingly white oval of his head,
his head again more tender,
his head, chrysalis of hidden biological designs,
his head held up by the tips of the water's fingers,
at the tips of the fingers
of the insensate hand,
of the terrible hand,
of the mortal hand
of his own reflection.
When that head slits
when that head splits
when that head bursts,
it will be the flower,
the new Narcissus,
Gala - my Narcissus

Savador Dali



Montag, 28. April 2014


Zenfarbene Wüstenei.
Agoraphobische Ödnis,
Küsse erhabener Leere.
Sengenden Todes
wunderdurstige,
süß klagende Hölle.


Sonntag, 27. April 2014

Danke für deinen Beitrag, Catherina. "Die fragmentierte Gesellschaft" - wirklich eine erschreckende  Metaphorik, die du eingefangen hast. Quasi der stumme Schrei unser Gegenwart.

Ein anderer Blogger, kiezneurotiker, der jüngst von seinem Mitstreiter feynsinn als "underdog 2014" honoriert wurde, hat, wie ich eben durch Zufall feststellen durfte, ebenfalls die "fragmentierte Gesellschaft" in einem nicht weniger metaphorischen Zusammenhang festgehalten. Die gesamte Fotostrecke ist eine Betrachtung wert!  Sogar zwei Bank-Bilder sind dabei
(man sieht, in Berlin fallen die Banken noch solidarischer aus als in Hamburg - HSH-Nord~ no pun intended):




In diesem Kontext  möchte ich - gewissermaßen als Kontrast-Fragmentiertes- auf
die Rezension der taz eines vor Kurzem neu erschienenen,
7 m breiten und 22 cm hohen Wimmelbilds von Joe Sacco, das den sog. "Big Push" aufzeigt, verweisen.
                                                                    Hier ein Ausschnitt:



                                                                Und ein close-up:






Ich habe mich vor einigen Jahren der "Schlacht an der Somme"
ebenfalls angenährt und versuchte das verstörende Gemetzel expressionistisch zu abstrahieren...
eine Flucht vor der Grausamkeit des Details? 
- eine therapeutische Verständnisebene?



                                                    "Schlacht an der Somme", 200X
Hey, merci für den musikalischen Sonnenschein, Faron!
Die Sonne hat auch geschienen als ich vor Kurzem einige
Impressionen zeitgenössischer Öffentlichkeitsfermention dokumentieren musste ...


                                        
 Die fragmentierte Gesellschaft

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Die abrutschende Gesellschaft 

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Die abgehängte Gesellschaft



Tolles Bild! Da kam mir augenblicklich dieses wirklich anzüglich-bizarre Musikstück in den Sinn!



Eine Alice fürs Farbkollektiv..

Öffnungsvoll



Wow, ein Blog mehr. Worum geht’s?  

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Da es sich um ein Kollektiv handelt, sind Mitschreibende (sic!) ausdrücklich willkommen,
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So, nun aber viel Spaß beim Eruieren, Diskutieren und hoffentlich auch Genießen der Inhalte.